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Jusos besuchen Audi Neckarsulm

Veröffentlicht am 13.09.2010 in Unterwegs

„Fachkräftemangel“, „Situation der Auszubildenden“, „Beschäftigung älterer ArbeitnehmerInnen“ – um diese Themen direkt vor Ort mit Leuten aus der Praxis zu diskutieren, besuchten Vertreter des Juso-Landesvorstandes gemeinsam mit Genossen des Kreisverbandes Heilbronn am 9. September das Audi-Werk Neckarsulm.

560 PS, 5,2 l Hubraum, 10 Zylinder und eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 3,6 Sekunden: Diese Daten ließen gleich zu Beginn des Besuches die Männerherzen höher schlagen. Denn am Standort Neckarsulm baut Audi das Modell R8. Mit einer 90-minütigen Führung durch die Produktionsstätte des Supersportwagens begann der Betriebsbesuch. Rund 175 Mitarbeiter sind in der Fertigung des R8 beschäftigt. Knapp 20 Fahrzeuge verlassen täglich das Werk. Jedoch deckt ein Preis von 110.000 EUR auch die Nachfrage ab.

Das besondere an der Produktion des R8 ist auch das Projekt „Silverline“. Mit diesem Pilotprojekt möchte die Audi AG untersuchen, wie die Arbeitswelt umgestaltet werden kann, damit auch ältere ArbeitnehmerInnen weiter im Arbeitsleben ihre Leistung erbringen können. Hintergrund dieses Projektes ist nicht nur der demographische Wandel in der Gesellschaft sondern auch in der eigenen Belegschaft. Die Bedingungen bei der Produktion des R8 kommen speziell den älteren ArbeitnehmerInnen entgegen. Aufgrund der geringen Anzahl an Fahrzeugen dauert die Arbeitseinheit bei der fast 50 Teile verbaut werden 45 Minuten. In der Großserienproduktion hingegen verrichtet ein Arbeitnehmer nur wenige Handgriffe – diese allerdings mehrere hundert Mal pro Tag. Bei der Produktion des Audi A6 beispielsweise werden täglich 1000 Fahrzeuge fertig gestellt. Bei der Fertigung des R8 muss nicht weniger gearbeitet werden. Viel mehr geht es darum, dass einseitige Belastungen vermieden werden. Die Mitarbeiter in der Produktion des R8 sind alle älter als 40 Jahre, höher qualifiziert und auch durch ihre langjährige Betriebszugehörigkeit sehr erfahren.

Nach der Führung durch die Produktion und einem Probesitzen im R8 traf sich die Gruppe zu einem Gespräch mit Betriebsrat Rolf Klotz und zwei Jugend- und Auszubildendenvertretern. Rolf Klotz gab den Jusos einen kurzen Überblick über den Standort Neckarsulm, der aus den NSU Motorenwerken (in den Fünfziger Jahren größter Zweiradhersteller der Welt) hervorging. Neben dem R8 fertigt Audi in Neckarsulm die Modelle A8, A6, A4 und das A5 Cabrio. 13 500 Beschäftigte zählt das Werk Neckarsulm, davon 200 Leiharbeiter. Der Betriebsrat besteht aus 39 Mitgliedern, die zum allergrößten Teil freigestellt sind. In den achtziger Jahren habe der damalige Betriebsrat die Beibehaltung des Entwicklungsstandortes durchgesetzt. Heute arbeiten 1200 MitarbeiterInnen in der technischen Entwicklung. Besonders stolz ist Klotz auf den Bereich der Ausbildung am Standort. Gerade über die eigene Ausbildung könne Audi in Neckarsulm seinen Bedarf an Facharbeitern decken. 229 Auszubildende seien heuer eingestellt worden. Mit insgesamt 800 Azubis habe das Audi-Werk Neckarsulm die höchste Ausbildungsquote im Automobilbereich in Deutschland. Und in Zeiten der Krise seien alle Azubis übernommen worden. Auch Jugendliche mit schlechtem Hauptschulabschluss bekämen ihre Chance und würden eingestellt. Für all diejenigen, die ihre Ausbildung nicht packen, habe man ein „Ausstiegsmodell“ entwickelt, in dessen Rahmen dann die Ausbildung nach zwei Jahren beendet sei. „Es ist auch Teil des Generationenvertrages, dass die ältere Generation den Jungen eine Perspektive bietet“, so Rolf Klotz. In diesem Zusammenhang wies er auf das Modell eines „Starterpaketes“ hin, das der Betriebsrat entwickelt habe. Das erste Weihnachtsgeld und ein Betrag, den die Firma dazu gibt, sollten angelegt und verzinst werden. Dadurch bekämen die Jugendlichen ein erstes Fundament für die Altersvorsorge. Den anwesenden Jusos kam dieses Konzept nicht unbekannt vor, erinnerte es doch sehr stark an das auf der LDK 2007 beschlossene Modell des „Babyfonds“, durch den jeder junge Mensch mit einem staatlich angelegten Geldbetrag eine Basis für ein unabhängiges Leben erhalten soll.

Fabian Rothfuss
(stellv. Landesvorsitzender)

 

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