Shariff

"Wehrpflicht ist ein Klotz am Bein"

Veröffentlicht am 27.04.2005 in Presseecho

Bericht aus der Heilbronner Stimme

Eine gemeinsame Linie zur Wehrpflicht zu finden, fällt schwer. Am Mittwochabend war der Dienst an der Waffe Thema in der Volkshochschule im Deutschhof. Die Heilbronner Jusos hatten eingeladen. Fünf Diskutanten, fünf Meinungen.

Der Bundesvorsitzende der Jungsozialisten, Björn Böhning, hat eine klare Position: Die Wehrpflicht hat keine Zukunft. "Sie ist ein Klotz am Bein der Bundeswehr", sagt der in Berlin lebende Politikwissenschaftler. Hauptmann Ralf Brüger, Jugendoffizier in Tauberbischofsheim, lässt das nicht so stehen. "Warum sollen wir uns von einem System verabschieden, das gut funktioniert?" Zudem rekrutiere die Bundeswehr rund 60 Prozent ihres länger dienenden Personals aus den Wehrpflichtigen.

Mit Verspätung wegen A81-Stau kommt der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, aufs Podium - und erläutert seine Position: keinen Dienst in der heutigen Form, wie von Brüger gefordert, aber auch keine Abschaffung, was Böhning verlangt. "Die Wehrpflicht ist ein Erfolgsmodell, aber kein Selbstzweck", sagt er. Sein Vorschlag: auf Freiwilligkeit bauen, also nur jene einziehen, die es wollen. Nur wenn der Personalbedarf nicht gedeckt werde, müsse zwangsweise rekrutiert werden.

Martin Krebs, Schülersprecher des Theodor-Heuss-Gymnasiums, hält das wie die anderen Teilnehmer für unrealistisch. Er hat sich sowieso schon entschieden: für Zivildienst im Ausland. "Aber viele lasse mich mustern, vielleicht fallen sie ja durchs Raster" [Zitat wurde berichtigt], sagt er - und fängt sich von Brüger prompt den Vorwurf ein, man habe als Staatsbürger nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten.

Besorgt über den drohenden Wegfall des Dienstes zeigt sich Karl-Friedrich Bretz, Geschäftsführer des Diakonischen Werks Heilbronn. Gleichwohl sagt er: "Den Wehrdienst in der heutigen Form brauchen wir nicht." Ihn ärgere, dass der Zivildienst als Anhängsel des Wehrdienstes gesehen werde, obwohl die Zahl der jungen Männer hier höher liege als bei der Bundeswehr.
Im November will die SPD, die mit Peter Struck den Verteidigungsminister stellt, der strikt am bisherigen Modell festhält, auf ihrem Karlsruher Parteitag über den Fortbestand der Wehrpflicht entscheiden. In der von SWR-Reporter Daniel Abbou moderierten Runde wurde vor rund 35 Gästen die Vielzahl der möglichen Richtungen deutlich. Wohin die Reise geht, bleibt jedoch unklar.

Von Hasnain Kazim

 

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